Teil 10 - Ukraine 2

Sonntag, 08.07.18

Sigehtu Marmatiei - Laseschtschyna (Ukraine)

 

Start: 09:00 Uhr, 18° leicht bedeckt, mittags 22° wolkig, leichter Regen

 

Heute verlasse ich nach 16 Tagen Rumänien, und fahre zum 2. Mal auf dieser Reise in die Ukraine. Mitten in der Stadt Sighet führt eine kleine unscheinbare Holzbrücke über die Theiß, in die Ukraine. Es gehen hier, durch die Stadtlage, auch viele Fußgänger und Radfahrer über die Grenze. Die Ausreise aus Rumänien ist mal wieder nur ein kurzer Blick in den Pass. Dann geht’s über die Brücke. Hier lassen sich die ukrainischen Grenzer schon mehr Zeit für die Passkontrolle. Nach der kurzen Frage, ob ich Tourist bin, bekomme ich den Stempel in den Pass und gut iss. Kein geplänkel mit Gepäck und Medikamente diesmal. Der Ort auf der ukrainischen Seite ist im Vergleich zur Stadt Sighet in Rumänien, nur ein kleines Bauerndorf. Am Geldautomaten noch kurz mit ukrainischen Griwna versorgt, geht es erst mal ca. 30 Km an der Theiß entlang Richtung Osten, bevor diese scharf nach norden abbiegt und sich sanft ansteigend durch ein immer enger werdendes Tal windet. Ich finde bis jetzt die Landschaft nicht ganz so spektakulär wie in Rumänien, obwohl dies Landschaftlich ja die Fortsetzung von der Mara Muresch ist, eben die ukrainische Mara Muresch. Ist halt inzwischen doch schon zu lange getrennt und hat sich unterschiedlich entwickelt. Man sieht hier auch deutlich weniger alte Holzhäuser, und die die man sieht, sehen deutlich einfacher aus als die rumänischen. Aber es ist natürlich grundsätzlich jetzt auch schön hier, vor allem je weiter ich die Theiß Flussaufwärts fahre und diese immer mehr zu einem echten Gebirgsfluss mit rel. klarem, fast schon grünem Wasser wird. Nach etwa 85 Km komme ich in Laseschtschyna an und habe für heute keine Lust mehr weiter zu fahren. Es gibt sehr viele Unterkünfte hier, da dies im Winter wohl eine gut besuchte Wintersport Gegend ist. Jetzt im Sommer ist hier eher wenig los, und so ist es auch kein Problem ein Zimmer zu bekommen. Die Vermieter sprechen mal wieder kein Wort englisch, obwohl es sich um ein ziemlich großes Hotel handelt, das im Winter wohl sehr gut besucht zu sein scheint. Sie haben aber eine Tochter, die sie anrufen, und die übers Telefon übersetzt. Ich stelle also auch hier fest, dass der Tourismus aus der westlichen Welt hier wohl kaum eine Rolle spielt. 98% der Touristen scheinen ausschließlich aus dem russischsprachigen Raum zu kommen. Es gibt auch Abendessen. Eine Borschtsch, und ein Schweine Kotelette mit Bratkartoffeln und Tomaten-Gurken Salat. Naja, war jetzt alles nicht so besonders, die Bratkartoffeln waren sehr fettig, und das Kotelette tot-gebraten.

 

Übernachtung im Koraona Karaptia, 15€

 

Grenzbrücke von Rumänien in die Ukraine

Im Tal der Theiß


Montag, 09.07.18

Laseschtschyna – Jaremtsche, 40 Km

 

Start: 10:00 Uhr

 

Die Nacht war etwas unruhig, da ich wohl gestern irgend etwas falsches gegessen haben muss. Ich weiß nicht genau was, habe aber eine Creme aus Fischeiern, aus einem Supermarkt, in Verdacht, die ich mir unterwegs zum Mittagessen gekauft hatte. Ich muss mir angewöhnen, hie mehr auf das Verfalldatum in den Supermärkten zu schauen. Das Frühstück ist auch nicht so toll. Es gibt ein Omelette mir Schinken, das aber so ziemlich das schlechteste Omelette ist, das ich auf der ganzen bisherigen Reise gegessen habe. Also, zusammen mit dem Abendessen von gestern, wage ich zu behaupten, dass die Hausherrin nicht gerade die beste Köchin ist.

Um 10 Uhr mache ich mich auf den Weg. Es geht in Richtung Kolomea. Auf der gut ausgebauten Hauptstraße geht es weiter das Tal hinein. Die Landschaft links und rechts der Straße besteht aus bewaldeten Hügeln die langsam immer höher werden. Die Straße steigt auch wieder deutlich an und führt schließlich über den kleinen, 925 Meter hohen Jablunyzkij-Pass. Die Gegend hier ist sehr touristisch erschlossen. Auf der Passhöhe gibt es ein großes Hotel und jede Menge Souvenir Shops, in denen aber lediglich der übliche, -made in China- Schrott verkauft wird. Vor lauter Wald habe ich auf dem Pass leider keine Aussicht, und so trete ich ich auch gleich die Abfahrt auf die andere Seite des Passes an. Kurz vor Tatariv zweigt eine kleine Straße links in ein Seitental ab, in dem sich ein Schigebiet mit etwa 10-15 Liften befindet. Aufgrund der Höhe der Berge (zw. 800 und 1200 m) , und der Höhe auf der ich mich befinde (etwa 600 m), können dies aber keine besonders langen Abfahrten sein. Man kann ein Schigebiet hier sicher nicht mit dem vergleichen, was wir in unseren Alpen als Schigebiete kennen. Aufgrund meines nicht allzu guten Gesamtbefindens, verzichte ich darauf, die Straße zu dem Schigebiet zu fahren, und setze meine Fahrt auf der Hauptstraße fort, die weiter bergab durch einige kleine Bergdörfer in denen sich überall Unterkünfte befinden. Es sind viele Wanderer unterwegs. In den Dörfern wird viel Werbung für Wandertouren, Rafting und Mountenbike Touren gemacht.

In einem größeren Bergdorf Namens Jaramtsche, habe ich für heute, nach nur 40 Km genug. Ich hab ja Zeit, und die Gegend hier ist ja schon schön, wenn auch nicht mehr ganz so schön wie auf der rumänischen Seite. ich suche mir eine Unterkunft. In der Pension Oskolok Dovbusha finde ich ein ganz schönes kleines Zimmer mit Gemeinschaftsküche, das sauber und ordentlich ist. Auch hier ist rel. viel los in Bezug auf Fremdenverkehr. Im Ort gibt es eine gute Pizzeria auf einer Dachterrasse, wo ich sehr gute Pasta Bolognese zu Abend esse. In meinem Magen und Darm rumort es zwar noch immer, aber ich habe doch Appetit, und das ist ja schon mal ein gutes Zeichen.

 

Übernachtung: Pension Oskolok Dovbusha, 12 € ohne Frühstück

 

Unterwegs

 Karpatenspezialitäten


Dienstag, 10.07.18

Jaremtsche – Kolomea, 53 Km

 

Start: 10:00 Uhr

 

Leider ist mein Fahrradtacho jetzt ganz hinüber, so dass es leider keine Temperaturangaben mehr gibt. Das Wetter ist aber schon die ganzen Tage eigentlich ganz gut. Es ist zwar bedeckt oder bewölkt, was aber zum Radeln sehr angenehm ist, weil es nicht so heiß ist. Ab und zu tröpfelt es mal ein wenig, aber richtig nass bin ich schon seit Botos (01.07.) nicht mehr geworden. Allerdings hat es aber auch kaum über 20°, so dass ich auch schon länger nicht mehr in kurzer Hose gefahren bin. Auch heute zeigt sich das Wette von der gleichen Seite. Nach etwa 10 Km auf der Hauptstraße verlasse ich diese in Richtung Osten, in ein Seitental. Schon nach wenigen Km geht die Straße in eine Piste über, die aber noch ganz gut befahrbar ist. Zumindest Anfangs. Die Straße führt durch den kleinen Nationalpark Hutsulshchyna. Bald wird die Piste immer mehr zu einem Wanderweg, der auch wieder bergauf führt. Ist aber alles, wenn auch langsam, einigermaßen gut befahrbar. Der Höhenunterschied ist heute von etwa 380 m auf jetzt ca. 620 m nichts spektakuläres, aber in Anbetracht der Piste dann doch ganz schön anstrengend. Auch das bergab Fahren geht nicht viel schneller und erfordert mit dem Gepäck doch etwas Gefühl für das Gleichgewicht. Dafür komme ich wieder durch ganz schöne kleine Bergdörfer.

Plötzlich bin ich aus dem Tal heraus und sehe links, rechts und vor mir keine Berge mehr. Die letzten Km nach Kolomea gehen leicht bergab und deutlich aus den Bergen heraus.

Kolomea ist für heute mein Tagesziel. Kolomea ist ein kleines Provinz Städtchen, das berühmt ist für sein Museum für bemalte Ostereier. Da wurde auch in Jaramtsche, wo ich gestern übernachtet habe, Werbung für einen Ausflug dorthin gemacht. Das Museum hat natürlich auch die Form eines Ostereis. Es ist jetzt nichts wirklich spektakuläres und man hat die Ausstellung in etwa 15 Minuten besichtigt, aber es ist halt etwas kurios und die Ostereier sind schon sehr schön bemalt. Einige sind wohl auch von, in der Ukraine, bekannten Künstlern bemalt.

Ansonsten gibt es noch ein schönes Rathaus mit einem hohen Rathausturm, und ein paar ganz nette historische Bürgerhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert, der österreichischen Kaiserzeit.

 

Übernachtung im Hotel Pysanka (Osterei), 16 € mit Frühstück

 

Kunst am Wegesrand

Unterwegs von Jaremtsche nach Kolomea


In Kolomea

Mittwoch/Donnerstag, 11. und 12.07.18

Kolomea – Ivano Frankiwsk

 

Start: 9:30 Uhr, sonnig

 

Mein GPS führt mich über eine kleine Nebenstraße durch Wohngebiete aus der Stadt heraus. Die Straße ist zwar mal wieder rel. schlecht, dafür habe ich praktisch keinen Verkehr. Erst am Stadtrand komme ich wieder auf die große Hauptstraße Nr. H 09, die mich schon seit der Grenze hinter Rumänien immer wieder begleitet. Diese ist größtenteils gut geteert und hat eine schönen, ca. 1 m breiten Seitenstreifen. Nach der gestrigen Holperfahrt habe ich heute keine Lust auf erneute Experimente solcher Art. In meiner Karte am GPS gibt es 5 Farben für Straßen. Blau sind die Autobahnen, die es hier aber nicht gibt. Grün sind die ganz großen Hauptverbindungsstraßen, meist sogar 4spurig, die ich wenn es geht strikt meide. Rot sind die größeren Landstraßen, meist mit gutem Belag und kleinem Seitenstreifen. Und dann gibt es noch gelb und weiß, wovon gelb vermutlich zu 75% zwar vielleicht irgendwann mal geteert waren sich aber jetzt in erbärmlichem Zustand befinden, oder gleich ungeteert sind, und weiß zu 99% ungeteert und teilweise sogar unbefahrbar ist. Die H 09 ist eine rote Straße, auf er ich heute also die ca. 60 Km bis nach Ivano Frankiwsk fahre. Die Landschaft ist unspektakulär bis langweilig. Bald sehe ich die Karpaten nur noch am Horizont als Silhouette wenn ich zurückblicke. Nun hab ich also bereits das 2. Mal die Karpaten erfolgreich überquert. Es wird aber noch nicht das letzte Mal gewesen sein.

In Ivano Frankiwsk habe ich im Hotel Nadiya ein Zimmer gebucht. Es liegt direkt an der Hauptstraße die in das Stadtzentrum führt, 500 m von diesem entfernt. Es ist nicht zu übersehen, da es ein riesiger 8stöckiger Hotelbau ist. Es ist praktisch das erste Haus am Platz. Am Hotel befindet sich ein bewachter Parkplatz mit Schranken und uniformierten Wachpersonal. Innen gibt es 2 Restaurants, einen Friseur, Souveniershop, Delikatessen Supermarkt und eine Bar. Ich checke ein und bekomme ein Zimmer im 8. Stock. Das Zimmer ist einwandfrei, und der Preis auch. Ich bezahle 20 € pro Nacht mit Frühstück.

Am Abend mache ich nur noch einen kleinen Spaziergang in die Innenstadt und gehe zum Essen. Ich trinke ein Bier, esse Pelmeni. Das ist ein ukrainisches Nationalgericht und sind kunstvoll gefaltete Teigtaschen mit Füllung, meist Fleischfüllung, die in Salzwasser gekocht werden und meist mit Sauerrahm gegessen werden. Ich nenne sie die ukrainischen Tortellini. Weil ich davon nicht Satt werde, esse ich noch eine Portion Reis mit Pilzsauce. Das alles kostet dann umgerechnet 4,50 € mit Trinkgeld. Das Preisniveau hier in der Ukraine ist für unsere Verhältnisse schon sehr niedrig. Man kann hier gut mit ca. 30 € am Tag leben inklusive Hotelübernachtung. Man muss allerdings bedenken, dass der ukrainische monatliche Durchschnittsbruttolohn zur Zeit etwa 270 € beträgt.

Am Donnerstag mache ich eine ausgiebige Stadtbesichtigung. Im Rathaus von Ivano Frankiwsk gibt es eine Tourist Information, wo ich mich mit einem Stadtplan versorge. Und es gibt hier Audiogeräte, die man sich kostenlos ausleihen kann, mit dem man dann eine im Stadtplan eingezeichnete Route zu den Sehenswürdigkeiten abgehen kann und dazu viel Information über das Audiogerät erzählt bekommt. Und das ganze auch noch auf deutsch. Das nenne ich mal einen äußerst gelungenen und vorbildlichen Service vom Tourist Büro. Die Haupt Sehenswürdigkeiten stelle ich mal als Fotos zur Verfügung, ohne euch mit den ganzen Zahlen und Fakten zu nerven. Nur einen kurzen geschichtlichen Überblick zu Stadt ist vielleicht doch ganz interessant. Dazu bediene ich mich mal wieder bei Wikipedia:

Ivano Frankiwsk hieß bis 1962 Stanislawiw, deutsch Stanislau. Die Universitätsstadt liegt im Karpatenvorland, das Teil der historischen Landschaft Galizien ist. Als Stanisławów wurde die Stadt 1662 von der polnischen Adelsfamilie Potocki gegründet. Im Jahr 1772 wurde die Stadt österreichisch und erhielt den Namen Stanislau. 1919 war die Stadt kurze Zeit Hauptstadt der Westukrainischen Volksrepublik. Durch den Frieden von Riga wurde Stanisławów 1921 polnisch. 1939 wurde das Gebiet zunächst der Sowjetunion angegliedert. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wurde die Stadt am 2. Juli 1941 von den mit den Deutschen verbündeten Ungarn besetzt, bevor die Deutschen am 20. Juli 1941 die Kontrolle übernahmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die polnische Bevölkerung von den sowjetischen Behörden zwangsweise umgesiedelt, so dass in der Stadt heute neben wenigen Russen überwiegend Ukrainer wohnen. Am 9. November 1962 wurde die Stadt im Rahmen der 300-Jahr-Feier zu Ehren des Schriftstellers Iwan Franko in Iwano-Frankiwsk umbenannt.

Heute hat Ivano Frankiwsk ca. 300.00 Einwohner. Nachdem nach der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 begonnen wurde die Altstadt aufwendig zu restaurieren, erstrahlt die Stadt wieder in neuem Glanz und pulsiert das Leben auf den Straßen und Plätzen. Mir gefällt die Stadt sehr gut. Wie in allen Universitätsstädten leben viele Junge und Internationale Menschen hier, die das Stadtbild sehr angenehm beleben. Besonders bekannt ist die medizinische Fakultät hier. Es gibt viele Kaffees und Restaurants neben Buchläden und Antiquitäten Geschäften. Und natürlich Architektonisch die vielen alten schön restaurierten Häuser ehemalige Händler und Herrscher Familien aus der Habsburger Zeit. Man kann erahnen, welch glanzvolle Stadt es im 18. und 19. Jahrhundert gewesen sein muss. Z. B. Gab es hier eine 1904, von den Gebrüdern Gartenberg (die reichste Händlerfamilie der Stadt), erbaute prunkvolle Einkaufspassage. Das war zu der damaligen Zeit für so eine doch rel. kleine Stadt sehr ungewöhnlich, da solche Einrichtungen eher den großen Weltstädten wie Paris London oder Wien vorbehalten waren. Bei der Restaurierung hat man übrigens die Dachkonstruktion aus Stahl wieder freigelegt, (die zu Sowjetzeiten durch ein Blechdach verdeckt war), die von Gustav Eiffel konstruiert wurde. Dieser Mann begegnet mir auf dieser Reiser ja nicht zum ersten mal. So, jetzt aber die Bilder.

 

Rückblick auf die Karpaten

Mein Hotel in Ivano Frankivsk


Oben: Rathaus, Armenische Kirche; Gartenberg Passage; re. im Bild - Badehaus

Unten: Hintergrund - ehemal. Kirche, jetzt Nationalmuseum

Freitag, 13.07.18

Ivano Frankivsk – Rohatyn, 68 Km

 

Start: 9:45, sonnig, Mittags bedeckt

 

Nochmal ein gutes Frühstück vom Buffet im Hotel Nadyia, bevor es auf zur nächsten Etappe geht. Es geht in Richtung Nordwest nach Rohatyn, das etwa auf halber Strecke nach Lviv (Lemberg) liegt. Landschaftlich gibt es heute nichts besonderes zu bestaunen, und so radle ich Km für Km vor mich hin. Am späten Vormittag zieht sich der Himmel immer weiter zu, was den Vorteil hat, dass die Fahrt nicht so schweißtreibend ist. Im Ort Rohatyn gibt es mal wieder einer der ukrainischen Holzkirchen, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Sie ist ein wenig schwer zu finden, da der Weg nicht ausgeschildert ist. Nach mehrmaligem Durchfragen habe ich sie dann doch gefunden. Die Kirche ist aus dem 16. Jahrhundert und bis auf das Dach, das immer mal wieder erneuert werden muss, angeblich noch original. Naja, ich finde sie sieht ganz nett aus, haut mich aber auch nicht so wirklich vom Hocker. Schade ist, dass sie verschlossen ist. Ich fahre noch ein kleines Stück weiter in Richtung Lviv, und erreiche mein Hotel gerade noch, bevor ein heftiges Gewitter losbricht. Gerade noch mal Glück gehabt.

 

Hotel Belveder, 13,50 € mit Continental Frühstück

 

Samstag, 14.07.18

Rohatyn – Lviv (Lemberg), 70 Km

 

Start: 9 Uhr, Regen, Nachmittags Regen

 

Schon als ich am Morgen aufstehe regnet es. Als ich um 9 Uhr starte, niesselt es zwar nur noch, ich habe aber vorsichtshalber schon mal alle Regensachen griffbereit. Es dauert auch nicht lange, und ich lege die volle Montur an. Es schüttet wie aus Eimern. Gestern habe ich noch die schönen Seitenstreifen bei den ukrainischen Straßen gelobt, ausgerechnet heute ist mal keiner vorhanden. Der Verkehr ist auch relativ stark, und so macht es heute nicht wirklich großen Spaß zu radeln. Ab und zu gibt es mal eine kleine Regenpause, bevor der nächste Schauer niedergeht. Zu den eh schon widrigen Umständen kommt noch hinzu, dass es heute aber wirklich ständig auf und ab geht. Ich glaube, dass auf der gesamten Strecke keine 5 Km am Stück dabei sind, wo es mal eben dahin geht. Und weil das auch noch nicht reicht, kommt ab Mittag auch noch Gegenwind dazu. Also wenn dann schon richtig. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit liegt heute bei etwa 12 Km/h. Nach 4 Stunden habe ich gerade mal 45 Km geschafft. Meine Motivation ist im Moment ziemlich im Keller. Am Stadtrand von Lemberg gibt es mal wieder eine Regenpause, und es kommt sogar ganz leicht die Sonne durch. Dem Moment nutze ich und hole mir an einer großen Tankstelle einen heißen Kaffee mit Milch. Dazu gibt es noch einen Mohnzopf von Gestern. So gestärkt packe ich dann die letzten 10 Km in die Innenstadt von Lemberg, zu meinem Hotel, an.

Das Hotel George ist direkt in der Altstadt in einem schönen alten Barockgebäude, das noch ziemlich original ist. Die Eingangshalle ist Marmor getäfelt und das Treppenhaus zieren große Säulen ebenfalls aus Marmor. Das Zimmer ist einfach und schlicht, aber sauber und ordentlich und groß. Die Deckenhöhe beträgt so ca. 4 m. Das Hotel ist mit 70€ pro Nacht inkl. Frühstück, für ukrainische Verhältnisse nicht ganz günstig, aber ich habe die letzten Tage so wenig Geld ausgegeben, dass dieser Luxus schon mal drin ist. Außerdem darf man in der Ukraine die Großstädte auch nicht mit dem Land vergleichen. Die teuerste Stadt der Ukraine ist Odessa, und Lviv folgt hinter Kiew auf Platz 3.

Im Hotel ist erst mal, raus aus den nassen Klamotten, eine heiße ausgiebige Dusche und eine Stunde Ausruhen angesagt. Danach geht es mir schon wieder viel besser, und ich mache einen ersten Spaziergang in die Innenstadt. Im Rathaus befindet sich das Tourist Office, wo ich mich mit einem Stadtplan versorge. Es gibt in Lemberg 2 Anbieter, die kostenlose, sog. Walking Touren anbieten. Eine Night Tour zu einer ehemaligen Festung auf einem Hügel, findet nur samstags um 19:30 Uhr statt.

Die Gelegenheit nutze ich doch gleich und begebe mich zum Treffpunkt, wo auch tatsächlich schon eine Führerin mit einem Weißen Schirm der das Logo des Anbieters trägt, auf Kundschaft wartet. Nach und nach finden sich noch andere Reisende ein, und 15 Minuten später sind wir eine Truppe von 10 Personen aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern. Da ist das Pärchen und ein Alleinreisender aus England, ein Inder, eine Türkin, eine Amerikanerin, ein Spanier, 2 Polen und meine Wenigkeit. Auf dem Weg zum Aussichtspunkt machen wir an der ein oder anderen Sehenswürdigkeit halt, und die Fremdenführerin erzählt jeweils eine kleine Geschichte dazu. So kommen wir z. B. An der Statue von Leopold von Sacher-Masoch vorbei, einem Schriftsteller der hier in Lemberg geboren ist. Es soll einer der ersten gewesen sein, der den Masochismus offen in seinen Publikationen thematisiert hat, und von dessen Namen letztlich die Bezeichnung stammt. Vorbei an den Resten der alten Stadtmauer und diversen Kirchen geht es auf den Hügel, zum Aussichtspunkt Hohe Burg. Die alte Burg ist längst Vergangenheit und bestand irgendwann nur noch aus eine Ruine. Die hässliche Ruine hat die Bürger von Lemberg so sehr gestört, dass sie eines Tages den Österreichischen Kaiser um Erlaubnis baten, aus den alten Steinen der Ruine einen Aussichtsberg zu errichten. Dieser stimmte zu, unter der Bedingung, dass der Berg so hoch wird, dass man von dessen Spitze aus bis nach Wien schauen kann. Kein Problem sagten die Lemberger und begannen mit dem Bau. Naja, bis Wien reicht's dann doch nicht ganz, aber bei gutem Wetter kann man immerhin die gut 200 Km entfernten Karpaten sehen. Heute ist es nicht so schön, aber die Aussicht auf die Stadt und das Umland ist sehr schön.

Auf dem Rückweg kommen wir noch am Garten der Kuscheltiere vorbei. Das ist ein kleiner Vorgarten eines Hauses, in dem sich hunderte von Kuscheltiere befinden. Kleine in Regalen an der Hauswand und große im Rasen des Gartens. Der Geschichte nach, soll der Besitzer des Hauses mal vor seinem Haus ein verlorenes Kuscheltier gefunden haben. Er setzte es in seinen Garten, weil er es zu schade fand einfach weg zu werfen. Das erzählte er allen, die ihn danach fragten was das Kuscheltier in seinem Garten macht. Es dauerte nicht lange, und es brachten die ersten Leute ihre ausgedienten Kuscheltiere vorbei, damit das erste nicht so einsam ist. Und so wurden es immer mehr und mehr. Heute ist der Garten der Kuscheltiere eine kleine Sehenswürdigkeit in Lemberg.

Die Führung war ganz gut, da ich doch ein bisschen was über die ein oder andere Sehenswürdigkeit erfahren habe, da ich ja sonst keinen Reiseführer in Buchform dabei habe. Die Führung war kostenlos, aber es ist natürlich üblich, dem Tourguide ein kleines Trinkgeld zu geben. Morgen werde ich evtl. noch eine Tour mit dem Selben Veranstalter nur durch die Altstadt machen.

 

Übernachtung im Hotel George, 70 € mit Frühstück

 

Unterwegs nach Lemberg

 

Sonntag / Montag, 15. / 16.07.18

 

Besichtigung Lemberg

 

 

Lwow - Lviv - Lemberg, hat eine alte und bewegte Geschichte. Gegründet 1256 errichtete Daniel Romanowitsch von Galizien, an der Stelle des heutigen Lemberg eine Burg für seinen Sohn Lew. Von diesem Lew (alostslawisch für Löwe) hat die Stadt ihren Namen – Lwow (bzw. dem Löwen) gehörend. Ab 1349 gehörte die Stadt ca. 400 Jahre zum Königreich Polen, bevor 1772 die Österreicher kamen. Nach fast 150 Jahren Zugehörigkeit zur Habsburger Monarchie und nach dem 1. Weltkrieg wurde Lemberg wieder polnisch. Nach dem 2. Weltkrieg  wurde Polen mal wieder verschoben und Lemberg gehörte zur Sowjet Republik Ukraine und seit 1992 zur unabhängigen Republik Ukraine.

Lemberg ist von je her schon eine sehr multikulturelle Stadt. Schon zur Zeit der Entstehung lebten hier Polen, Armenier, Ukrainer und Juden (von denen die Mehrheit deutscher Abstammung), die jeweils ein eigenes Stadtviertel hatten.

Die Altstadt und die um die Wende zum 20. Jahrhundert entstandenen Quartiere in der Umgebung weisen eine von Kriegszerstörungen und nachkriegszeitlichen Eingriffen verschont gebliebene und fast einmalige geschlossene Bebauung der Renaissance, des Barocks, des Klassizismus, Historismus, Jugendstils und Art déco auf. 1998 wurde das historische Zentrum der Stadt in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO eingetragen. Begründung: „Mit seiner städtischen Struktur und seiner Architektur ist Lwiw ein hervorragendes Beispiel der Verschmelzung von architektonischen und künstlerischen Traditionen Osteuropas mit denen von Italien und Deutschland.

Mir gefällt die Stadt sehr gut. Leider regnet es die 2 Tage die ich hier bin fast durchgehend. Trotzdem mache ich mich immer wieder in kleinen Regenpausen, mit Schirm bewaffnet auf, um die Stadt zu besichtigen. Am Montag Vormittag wird es etwas besser, und ich mache noch mal eine kostenlose Walking Tour durch die Altstadt, bei der die alten Stadtviertel (Ukrainisch, Jüdisch, Polnisch und Armenisch) besichtigt und erklärt werden.

 

 

Rathaus

Leopold Sacher-Masoch

Stadtmauer

Aussicht von der Hohen Burg


Friedhof der Kuscheltiere

Opernaus


In der Altstadt

links im Bild - Mein "Hotel George"


Kaffeehaus Kultur in Lemberg

Dienstag, 17.07.18

Lemberg – Mostyska, 71 Km

 

Start, 8:45 Uhr, bedeckt

 

In Richtung Wesen verlasse ich die Stadt, aus der zunächst eine 6spurige Aus und Einfallstraße führt. Teilweise gibt es aber sogar einen recht guten Radweg und so komme ich ich unbeschadet und einigermaßen stressfrei aus der Stadt heraus. Schon am Stadtrand überholt mich ein anderer einzelner stummer Radreisender. Er ist ein wenig schneller als ich, und so sehe ich ihn eine ganze Zeit lang vor mir her radeln. Irgendwann ist er dann mal weg, ohne dass wir uns kurz ausgetauscht haben. Später treffen wir uns noch mal, und ich versuche es mal mit „where are you from?“Er ist scheinbar Pole, der aber kein Wort englisch spricht. Und schon braust er wieder davon. Ich habe es heute nicht eilig. Mein Ziel ist Mostyska, das etwa 15 Km vor der Grenze und 35 Km von der ersten polnischen Stadt entfernt ist. Da ich es nicht eilig habe und ich keine Lust auf eine über 100 Km Etappe habe, übernachte ich noch einmal in der Ukraine. Irgendwo komme ich noch an einer schönen Holzkirche aus dem 17. Jahrhundert vorbei. ich finde es schon sehr  imposant, dass ja die Bäume zum Zeitpunkt des Kirchenbaus vermutlich schon hundert Jahre oder älter  waren, und die Kirchen ja jetzt auch shon ca. 400 Jahre stehen. Das anälligste sind halt immer die alten Dächer b ei den Kirchen. Diese müssen entweder regelmäßig eneuet werden, oder sie werden halt bei vielen Kirchen durch Blechdächer ersetzt.

Mostyska ist eine typische ukrainische Kleinstadt mit ca. 10.000 Einwohnern, die eigentlich von der Ferne ganz nett aussieht, aber von der Nähe betrachtet dann doch nichts besonderes ist. Die riesige orthodoxe Kirche mit der  eher untypischen Fassadenfarbe, entpuppt sich als eine nagelneue Kirche die noch nicht ganz fertig ist. Als einziges Restaurant gibt es eine eher unterdurchschnittliche Pizzeria, aber es gibt immerhin am Ortsrand ein sogar ganz ordentliches Motel, in dem ich mich einquartiere, bevor ich morgen die Ukraine in Richtung Polen verlasse.

 

Übernachtung: Motel Korona, 11 € ohne Frühstück