Transsilvanien mit dem Fahrrad - Teil 1

Sa. 24.06.17, Anreise mit dem Zug nach Budapest

Um 16:30 bin ich pünktlich in Budapest angekommen. Die Zugfahrt war angenehm klimatisiert. Mit dem Fahrrad hat alles gut geklappt. Im Rail Jet sind im Fahrradabteil 5 sog. Fleischerhaken, an denen die Räder am Vorderrad aufgehängt werden. Ich hab‘s zusätzlich noch mit einem Schloss angehängt, damit es niemand wegtragen kann, weil ich es nicht immer im Blickfeld hatte.

In Budapest angekommen bin ich dann zum Hotel geradelt, das ich mir über Booking.com gebucht hatte. Das war gleich in der Nähe des Bahnhofs Budapest Keleti. Dort angekommen gab es dann gleich die erste Überraschung: Das Hotel hatte ein Problem mit den Zimmern, vermutlich überbucht. Aber sie haben ein Ausweich-Hotel, das eine bessere Kategorie ist und das ich zum selben Preis bekomme. Es ist ca. 3 Km weiter weg und leider nicht ganz so zentral. Dank Navi finde ich es gleich und alles klappt. Es ist nah an einer U-Bahn Station und so fahre ich am Abend noch in die Stadt und mache einen kleinen Spaziergang. Es geht zur Kettenbrücke, die über die Donau führt und schöne Blicke auf die hoch über dem Stadtteil Buda gelegene Burg bietet. Mit der Standseilbahn fahre ich auf den Burgberg, von wo man wiederum einen tollen Blick zurück auf den Stadtteil Pest mit dem Parlament hat. Eine genauere Stadtbesichtigung plane ich in 5 Wochen ein, wenn ich wieder aus Rumänien zurück bin.

Etappen 1 bis 3 - Budapest - Lajoszmizse - Kiskunmajsa - Szeged, ca. 215 Km

So. 25.06.17 Budapest – Ljosmizse 82 Km

Heute gibt’s ein ausgiebiges ungarisches Frühstück im Hotel. Typisch ungarisch heißt, extrem ungesund und fettig. Vom, in Fett ausgebackenem Toastbrot, über das vor Fett triefende Würstchen und Speck, bis zum Rührei ist alles vertreten. In Anbetracht dessen, dass ich ja heute noch genug Kalorien verbrennen werde, leiste ich mir das noch mal.

Heute Morgen um 5 Uhr hat es in Budapest angefangen zu regnen. Es gab ein leichtes Gewitter von dem ich dachte, es wäre bestimmt wieder vorbei bis ich losfahre. Leider habe ich mich da getäuscht und es regnet noch immer, als ich um 8:15 Uhr losfahre. Allerdings regnet es zum Glück nicht allzu stark, so dass ich nur meine dünne Windjacke anziehe. Es zieht sich ganz schön, bis ich aus der Stadt heraus bin. Nach ca. 10-15 Km hab ich‘s dann geschafft. Dank des GPS Gerätes, auf dem ich die Route Zuhause schon ausgearbeitet habe, geht die Fahrt weitestgehend angenehm durch Wohngebiete. Nach ca. 1,5 Stunden hört es dann auch auf zu regnen und Dank des warmen Fahrtwindes bin ich auch eine halbe Stunde später schon wieder trocken. Die Landschaft ist anfangs wenig spektakulär, bis ich dann nach ca. 40 KM auf immer kleinere Nebenstraßen komme. Hier gestaltet sich die Landschaft links und rechts neben der Straße fast wie eine Art Heidelandschaft, mit niedrigen bunt blühenden Sträuchern. Vermutlich ist es wohl sogar ein Schutzgebiet, da die seitlich abzweigenden Wege alle versperrt sind und Schilder offensichtlich auf irgendein Verbot hindeuten. Irgendwo fahre ich dann trotzdem ein paar Meter hinein und mache meine Mittagspause inklusive eines kleinen Nickerchens. Die letzten 25 Km zu meinem heutigen Tagesziel, Lajosmizse, sind dann eher wieder etwas langweiliger. Die meisten Straßen in Ungarn gehen kilometerlang geradeaus, dann kommt viell. Eine kleine Biegung links oder rechts bevor es wieder 10 Km oder mehr schnurstracks geradeaus geht. Dann wieder ein kleiner Knick und das gleiche wieder von vorne. Irgendwo zwischendrin trinke ich in einer kleinen Bar eine Kaffee. Ein älterer, sichtlich betrunkener Mann spricht mich ständig auf ungarisch an, kapiert aber wohl gar nicht mehr, dass ich ihn wohl nicht verstehe. Um ca. 15:30 komme ich in Lajosmisze an. Für heute hab ich mir wieder ein Zimmer in einer Privatpension für 21 Euro gebucht. Inzwischen ist es auch ganz schön drückend heiß geworden, so dass ich gleich mal unter die Dusche hüpfe. Das Zimmer ist klein und einfach, aber schön und sauber. Um 18 Uhr kommt dann ein ziemlich heftiges Gewitter, das eine ganze Stunde über dem Ort, mit fast pausenlosem donnern, umher tost. Dafür hat es schön auf erträgliche 20 Grad abgekühlt und ich gehe im örtlichen Gasthaus zur Krone Essen. Gefüllte Hähnchenbrust in Speckmantel mit Pommes Frites und Salat.

Mo. 26.06.17 Lajosmizse – Kiskunmajsa 80 Km

Gleich morgens fahre ich zum örtlichen Supermarkt um Proviant und Frühstück einzukaufen. In meiner Unterkunft mache ich dann Frühstück, bevor ich meine sieben Sachen zusammenpacke. Wie gestern bin ich wieder um 8:15 Uhr startklar. Und, natürlich auch wie gestern, regnet es wieder. Diesmal erst etwas stärker, dann lässt es aber nach ca. einer Stunde wieder nach und hört auch bald wieder ganz auf. Aber es ist die ganze Fahrt über eine dichte Wolkendecke. Die Landschaft ist heute eher unaufgeregt. Ein Stück der Strecke geht an der stark befahrenen Straße Nr. 54 entlang. Das ist ziemlich unangenehm, da die überholenden Autos, Transporter und LKW’s meistens sehr dicht und extrem schnell und knapp vor dem Gegenverkehr an mir vorbei sausen. Einmal höre ich eine LKW hinter mir in die Eisen steigen und bin kurz davor zu beten anzufangen, dass er es noch schafft zu bremsen ohne mich über den Haufen zu fahren. Nach 15 Km biege ich auf eine deutlich kleinere ruhigere Nebenstraße ab. Und die letzten 20 KM zum Etappenziel gibt es sogar einen Radweg neben der Straße. Jetzt, da es zu regnen aufgehört hat, ist es Zeit meine Europaflagge zu hissen. Wie komme ich darauf? Lange vor dem Urlaub hatte ich mich mit meinem Freund Norbert über meine geplante Reise unterhalten. Da bekamen wir mit, dass es in diesen Zeiten des angespannten Verhältnisses zwischen Europa und Ungarn schon als Orban-kritisch gilt, eine Europaflagge zu zeigen. Da ich nun mal bekennend Pro Europa bin, wurde da die Idee geboren, mich auf meiner Reise zu beflaggen.

Eigentlich hatte ich eine Campingplatz für heute vorgesehen, aber aufgrund der Wolkendecke und der zwischendurch recht dunklen Wolken traue ich mich nicht und nehme ein Zimmer im Motel. Das gehört zu dem Campingplatz, der sich gleich neben einem Thermal Bad befindet. Der Platz ist recht nett und sauber. Mein Motel Zimmernachbar ist ein Rentner aus Aachen, der aber ein gebürtiger Ungar ist. Als Fahrradreisender zieht man natürlich schnell Blicke auf sich, und nachdem er mein Rad begutachtet und mich über meine geplante Tour ausgefragt hat, macht er bei seiner Lebensgeschichte weiter. Wie sich herausstellte, hat er in den 60er Jahren sogar mal in Neubiberg gewohnt.

Mein Abendessen koche ich mir auf der Veranda. Es gibt Reis mit Gelben Rüben, Zucchini, Tomaten und Paprika. Dazu Tomate und Salatgurke und zur Feier des Tages ein Bier. Es dauert nicht lange und der Kopf meines Nachbarn aus Aachen taucht wieder hinter der Trennwand zwischen den Terrassen der Motelzimmer auf. Es folgt Lebensgeschichte Teil 2. Er ist ja ganz nett, aber wohl ein bisschen einsam, seit seine Frau vor 15 Jahren verstorben ist. Deshalb kommt er auch jedes Jahr immer wieder für mehrere Wochen hierher, da er hier früher schon immer mit seiner Frau war. Ich bewundere seine Tatkraft, in seinem doch schon fortgeschrittenem Alter jedes Jahr den Weg von Aachen hierher auf sich zu nehmen. Regen und Gewitter bleibt doch aus, und so genieße ich den lauen Abend auf der Terrasse bei einem weiteren Bier.

Di, 27.06.2017 Kiskunmajsa - Szeged 55 Km

Um 8 Uhr morgens besuche ich das Thermalbad von Kiskunmajsa. Mein Nachbar aus Aachen hat mir den Tipp gegeben, dass das Bad für Camping- und Motel Gäste schon ab 07:30 zugänglich ist. Normalerweise öffnet es erst um 9 Uhr. Tatsächlich sind nur eine Handvoll Leute da, und so kann ich schön meine Bahnen im natürlichem Thermalwasser ziehen. Um 9 Uhr strömen dann tatsächlich die Besucher herein. Ich suche das Weite und packe meine Sachen zusammen. Um 10 Uhr bin ich wieder „On The Road“.

Heute ist kein Wölkchen am Himmel und es wird ziemlich warm. Da ist es ganz gut, dass ich nur 55 Km bis Szeged habe. Heute läuft‘s eh irgendwie nicht so gut. Liegt bestimmt am schwimmen von heute Morgen? Um 13:30 Uhr komme ich in Szeged, bei meiner gebuchten Unterkunft an. Das ist die selbe Pension, in der ich vor 2 Jahren schon war. Da war ich sehr zufrieden mit dem Preis-Leistungsverhältnis. Die Zimmer sind schön modern eingerichtet und blitzsauber. Es gibt eine Gemeinschaftsküche, wo man sich zum Frühstück hinsetzen und seinen Kaffee kochen kann. Von der Unterkunft ist die Innenstadt zu Fuß gut erreichbar.

Am Nachmittag mache ich dann auch einen Spaziergang durch die Stadt. Da ich ja schon vor 2 Jahren hier war, kenne ich mich noch recht gut aus. Es gibt jetzt hier nichts wirklich spektakuläres, aber mir gefällt die Stadt ganz gut. Da Szeged eine Universitätsstadt ist, leben hier sehr viele junge Leute, was das Flair hier sehr angenehm und entspannt macht. Und Szeged ist nicht so sehr vom Tourismus überlaufen. Der Spaziergang dehnt sich nicht allzu lange aus, da es inzwischen ca. 35° gefühlte 40° Grad hat, so dass ich mich bald wieder in mein klimatisiertes Zimmer flüchte.

Ich verlasse das Zimmer erst wieder am Abend, zum Essen. Es zieht mich in das „John Bull Pub“, das mir noch vom letzten mal für seine hervorragende Küche bekannt ist. Daran hat sich auch nichts geändert und ich esse eine Ungarische Gulasch Suppe als Vorspeise. Als Hauptspeise gibt es gebratene Kalbsbäckchen mit Paprika Sauce und Spätzle Szegediner Art in Schnittlauchquark, mmmmmh! Mit einem Espresso schließe ich mein Abendmahl ab. Mal sehen, was mich in Rumänien so an kulinarischen Abenteuern erwarten wird.

Szeged

Etappen 4  und 5 - Szeged - Varias- Timisoara, ca. 125 Km

Mittwoch, 28.06.2017 Szeged – Varias 83 Km

Ich habe ziemlich schlecht geschlafen, weil es so warm war. Die Klimaanlage habe ich ausgeschaltet, da diese , trotzdem ich sie auf 26° eingestellt habe, eiskalt direkt auf mein Bett geblasen hat, dass ich befürchtete, am nächsten Tag krank aufzuwachen. Nach dem Frühstück in der Gemeinschaftsküche habe ich mich um ca. 08:30 Uhr auf den Weg gemacht.
Den ersten Teil der Strecke kenne ich ja schon vom letzten Ungarn Trip. Er führt bis kurz vor die rumänische Grenze immer auf dem Damm des Mieresch entlang. Links der Fluß, den man aber eigentlich kaum sieht, rechts die Ungarische Tiefebene mit ein bisschen Ackerbau. Der Weg am Damm ist anfangs noch geteert, geht dann aber in eine ungeteerte Fahrspur über. Leider habe ich heute ziemlichen Gegenwind. Teilweise solche Windböen, dass ich nur noch mit 10-11 Km/h vorwärts komme. Das ist in etwa so, als hätte man ständig eine Steigung von ca. 5 %. Das empfinde ich auf Dauer ziemlich zermürbend, da es erstens doch anstrengend ist und ich zweitens das Gefühl habe, trotz der Anstrengung nicht vorwärts zu kommen. Ich hoffe dass sich der Wind im laufe des Tages beruhigt. Ich sollte aber leider
nicht erhört werden.
Der Grenzübertritt ist problemlos. Auf der Ungarischen Seite ist bei der Ausreise alles verwaist. Auf der rumänischen Seite sitzen 2 gelangweilte Grenzbeamte, von denen der eine meinen Ausweis an einen drittem, im Häuschen, übergibt.
Dieser hackt die Ausweis Daten in seinen PC. Scheinbar liegt nichts gegen mich vor, so dass er mir grünes Licht für die Weiterfahrt gibt. Die ersten 9 Km bis Cenad kenne ich noch von vor 2 Jahren. Ich strampele weiter durch den nicht aufhörenden Südostwind nach Groß Sankt Nikolaus (San Nicolao Mare), einem etwas größerem Dorf, wo ich einen Geldautomaten finde, um Rumänische Leu abzuheben. Hier spricht mich schon der erste Rumäne auf deutsch an, und fragt mich nach dem woher und wohin. Er wäre auch mal mit dem Fahrrad von Passau nah Wien gefahren. Nach einem Cappuccino und einem Croissant stemme ich mich wieder gegen den Wind. So sehr er mich langsam nervt, hat er aber auch ein gutes: es ist gefühlt nicht ganz so heiß, obwohl es bestimmt wieder ca. 35 Grad hat.
Um 16 Uhr komme ich in Varias, bei der gebuchten Pension, an. Ich buche ab jetzt die Zimmer erst am Vorabend, wenn ich weiß wie weit ich etwa fahren werde. Das geht ja heutzutage recht gut mit Internet. Ich suche mir da möglichst schon Zimmer mit W-Lan aus. Allerdings ist das inzwischen auch etwas leichter, da die Roaming Gebühren weggefallen sind und ich so auch mit dem Smartphone buchen kann. Das Funktioniert übrigens ganz gut.
Die heutige Unterkunft besteht aus schön renovierten Gebäuden einer ehemaligen Kolchose. Riesige Gebäude mit langen Gängen und hohen Decken. Es sind wohl nicht allzu viele Gäste da, so dass es schon fast ein bisschen unheimlich anmutet. Aber super ist, dass ein Swimmingpool dabei ist, in dem ich mich nach den heutigen Strapazen, noch gut erfrischen und entspannen kann. Da fällt mir gerade ein, dass Rumänien ja eine Stunde Zeitverschiebung nach vorne hat, das hatte ich ganz vergessen. Im angeschlossenen Restaurant esse ich zu Abend. Die Besitzerin spricht nur rumänisch und holt immer ihre Tochter zum übersetzen ins englische. Es gibt Suppe und Hähnchenschnitzel mit Pommes und Tomatensalat. Eine kleine Überraschung ist die Suppe, die ist nämlich eine Kuttelsuppe. Das ist jetzt nicht wirklich so meines, aber sooo schlecht war die gar nicht und ich hab sie sogar aufgegessen. Meine Devise ist, dass zum Kennenlernen von Land und Leuten auch dazugehört, das zu essen, was die Einheimischen essen, oder es zumindest zu probieren, wenn es nicht allzu ekelig ist
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Unterwegs zur Rumänischen Grenze

Mein Zimmer in Wariasch


Donnerstag, 29.06.2017 Varias - Timisoara, 42 Km

 Zum Frühstück sitze ich auf der Terrasse des Restaurants, in dem ich mir einen Kaffee zu meinem Selbstversorger-Frühstück kaufe. Da fällt mir auf, dass es in den Bäumen ganz schön rauscht. Oje denke ich, schon wieder so windig wie gestern. Um 9:45 Uhr habe ich meine sieben Sachen wieder auf dem Rad verstaut und festgezurrt. Es sind ca. 40 Km bis Timisoara, (nur) denke ich.
Schon gleich beim Losfahren merke ich dass der Wind noch deutlich stärker ist als gestern. Um nicht zu sagen, sind das heute regelrechte Sturmböen. Teilweise so stark, dass, das ich im flachen Gelände nur noch mit 5-6 Km/h vorwärts komme. Dagegen war das gestern ja ein laues Lüftchen. Natürlich, wie soll‘s auch anders sein, kommt der Wind wieder aus Südosten, genau die Richtung in die ich fahren muss. Also kämpfe ich Km für Km gegen den Wind an. Alle 5-10 Km mache ich eine kleine Pause, ich hab ja Zeit. Die Landschaft ist hier von riesigen Sonnenblumen Feldern geprägt. Sonnenblumen, soweit das Aug reicht. Zwischendrin auch mal Getreide- und Maisfelder. Ab und zu sehe ich riesige Ernte Maschinen, die das Getreide abernten. Von ärmlicher ländlicher Gegend kann man hier nicht sprechen. 10 KM vor Timisoara mündet meine kleinere Seitenstraße in die große vierspurige Bundesstraße Nr 6. Jetzt kommt richtig heftiger Verkehr dazu und die Sturmböen werden noch stärker und bringen jetzt dunkle Wolken mit. Genau als ich die ersten Häuser von Timisoara erreiche, fangt es an zu regnen. Ich biege gleich in die erste Tankstelle rechts ab, und warte unter dem Dach das kurze aber heftige Gewitter ab. Um ca. 14:30 Uhr erreiche ich meine Unterkunft. Das waren heute mal schlappe 12,2 Km/h Durchschnittsgeschwindigkeit.
Am Nachmittag mache ich einen ersten kurzen Stadtrundgang in Timisoara, zur Orientierung. Im Tourist Büro versorge ich mich mit einem Stadtplan und Informationen über die Sehenswürdigkeiten von Timisoara. Der erste Eindruck ist sehr positiv. Schöne große Plätze mit alten Jugendstil Fassaden und Barock Gebäuden. Viele Grünflächen, viele Straßencafés und Restaurants, und freundliche Leute.

 

Zwischen Varias und Timisoara

Freitag, 30.06.2017, Besichtigung Timisoara

Nach einem guten Frühstück in der Pension Dinu, mache ich mich auf Besichtigungstour.
Timisoara, deutsch - Temeswar, ist mit ca. 320 000 Einwohnern die 2. größte Stadt in Rumänien. Sie liegt im äußersten Westen von Rumänien, in der Region Banat. 1177 erstmals erwähnt,. 1241 von den Tataren völlig zerstört, warb der damalige ungarische König Bela IV, deutsche Siedler an, die die völlig entvölkerte Gegend wieder aufbauten. Das waren dann wohl die sog. Banater Deutschen. Im 16. Und 17. Jahrhundert herrschten die Türken in Temeswar, bevor diese 1716 von den Habsburgern vertrieben wurden. In dieser Zeit erblühte die Stadt sowohl kulturell als auch wirtschaftlich. Aus dieser Zeit stammen dann auch die herrlich angelegten barocken Stadtplätze und die architektonischen schönen Jugendstil Fassaden. Die Stadt hat auch sehr viele Grünflächen, hauptsächlich entlang des kanalisierten Flüsschens Bega.
In der jüngeren Geschichte machte Temeswar im Dezember 1989 auf sich aufmerksam. Von hier nahm die rumänische Revolution ihren Anfang und verbreitete sich auf das ganze Land, um sich vom Kommunistischem Regime des Ceausescu Clans zu befreien. Hierzu gibt es ein Museum, das ein ehemaliger Revolutionär, der selbst während der leider nicht unblutigen Revolution in Temeswar verletzt wurde, betreibt. Da steht sogar auf dem Gelände ein Stück der Berliner Mauer, da der Mauerfall etwa zur selben Zeit war. Das Museum ist sehr interessant und bewegend.
Heute, würde ich sagen, erblüht die Stadt neu. Viele alte Gebäude in der Innenstadt wurden renoviert, die Plätze sind sauber und mit unzähligen Straßencafés, sowie Bars und Restaurants gesäumt. Abends, wenn die Hitze des Tages langsam weicht, füllen sich diese mit überwiegend jungen Leuten, die das neue Leben offensichtlich sehr genießen. Da der Fall des Kommunismus aber nun fast 30 Jahre zurückliegt, dürften die meisten dieser fröhlichen Jungen Menschen, diesen wohl nicht mehr, oder nur noch als Kind erlebt haben. Man sieht hier wirklich auffallend wenige sehr alte Menschen. Die Leute sind bisher ausnahmslos alle sehr freundlich und hilfsbereit.
Nach einem guten Abendessen in einem der vielen Straßenrestaurants, bleibe ich am Opernplatz hängen. Da findet dieses Wochenende ein Jazz Festival statt. Am Siegesplatz, vor dem Opernhaus ist eine große Bühne aufgebaut, auf der eine Jazz Band vermutlich Elektro Jazz spielt. Jedenfalls heißen sie irgendwas mit ...Elektro-Jazz Band. Ich höre mir 3 Stücke an, was ja bei Jazz dann schon mal 45 Minuten dauern kann.
Die Innenstadt wird hauptsächlich von den 3 großen Plätzen, dem Siegesplatz, Freiheitsplatz und Domplatz, sowie von der Orthodoxen Kathedrale geprägt
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      Orthodoxe Kathedrale                                                                   Das Opernhaus am Siegesplatz

                      römisch katholischer Dom                                                                  Revolutionsflaggen von 1989

             Jugendstiel Palais am Siegesplatz                                                                 Domplatz

Etappen 6 und 7 - Timisoara - Bata - Eisenmarkt (Hunedoara), ca. 220 Km

Samstag, 01.07.2017, Timisoara - Bata, 104 Km

Nochmal ein gutes Frühstück mit Omelette und Salami, Käse und Tomate, vom freundlichen Besitzer der Pension Dinu serviert. Um ca. 8:45 habe ich meinen Mustang (so habe ich meinen treuen Begleiter inzwischen getauft, nachdem wir gemeinsam so kräftig gegen den Wind angekämpft haben) gepackt. Einmal quer durch die ganze Stadt, und dann in Richtung Nordosten. Es zieht sich ca. 15 Km, durch fast endlose Vororte, und dann noch weitere 5 Km bis zur Autobahn auf einer doch sehr stark befahrenen Ausfallstraße. Nach der Autobahn lässt de Verkehr deutlich nach, und es wird richtig angenehm zu fahren. Das Wetter ist heute auch super zum Radeln. Es hat nur ca. 25° Grad und der Himmel ist bedeckt. Kurz nach der Autobahn überholt mich ein anderer einzelner Radreisender. Erst fahre ich eine Zeitlang hinter ihm her, überhole dann und grüße freundlich. Er grüßt zurück, macht aber einen etwas unwirschen Eindruck. Nach einige Zeit überholt er mich wieder und tritt ziemlich in die Pedale. Also lasse ich ihn weiterziehen. Nach einer halben Stunde hab ich ihn wieder eingeholt und überhole ihn wieder. Er sieht demonstrativ in die andere Richtung. Also will er sich offensichtlich nicht mal kurz mit mir unterhalten. Muss er ja auch nicht. Ich fahre meinen Stiefel weiter und habe ihn auch nicht wieder getroffen. Die Straßenbeschaffenheit in Rumänien war bisher einwandfrei, bis ich dann irgendwo die Provinzgrenze Timisoara verlasse und in die Provinz Arad komme. Und zwar schlagartig ab den Hinweisschild.

Die Straße ist von Schlaglöchern nur so übersät. und ich habe selbst mit dem Rad teilweise Probleme diesen auszuweichen. Zweimal hört dann auch der geteerte Belag plötzlich auf und es kommen 2-3 Km Kopfsteinpflaster. Dann ist auch dieses weg und es geht über in eine reine Schotterstraße. Es ist aber eine offiziell für den Autoverkehr freigegeben Provinzstraße. Aber das hatte ich ja schon öfter gelesen, dass die Straßen zum Teil sehr schlecht sein sollen. Die kleinen Dörfer wirken hier auch ein wenig ungepflegter und ärmlicher, als in Timisoara. Und hier sehe ich dann auch zum ersten mal in den Dörfern, die Alten (optisch uralten) Männer und Frauen auf Bänken vor den Häusern sitzen. Freundlich grüße ich, freundlich grüßen sie zurück. Heute läuft es wieder wie geschmiert. Der Ruhetag in Timisoara hat wohl gut getan. Ich weiche von meinem eigentlich vorgenommen Tagesziel (ein Campingplatz bei Lipova) ab und fahre weiter in Richtung Osten. Ich weiß zwar, dass auf der weiteren Strecke erst mal kein Campingplatz mehr kommt, habe aber auf der Karte in Google gesehen, dass es in Bata das sog. Casa Bata gibt, in dem man übernachten können soll. Nach ca. 104 Km erreiche ich dieses. Es stellt sich als Wellness Hotel heraus, das mitten in der Pampa steht und recht nobel aussieht. Für 200 Leu (ca. 45 €) mit Frühstück miete ich mich ein. Es ist ziemlich leer, ich bin aber doch nicht der einzige Gast. Immerhin gibt es auch was zu essen, und auf der Terrasse entspanne ich mich bei einem Glas Bier von der heutigen Tagesetappe. Es gibt eine Gebratene Forelle mit Polenta und Gemüse. Das Gemüse war zwar Tiefkühlgemüse, aber die Forelle war dafür traumhaft!

                                  Heimliche Beobachter                                                                   Belohnung für's Etappenziel         

Sonntag, 02.07.2017, Bata - Hunedoara (Eisenmarkt) 115 Km

 Das Frühstück stellt sich als Wahnsinns Frühstück heraus. Es gibt eine große (wirklich große) Platte mit verschiedenen Salami Sorten, Schinken Sorten, Käse, Tomate, Gurken, 3 verschiedene Marmeladen, Spiegeleier, Kaffee und Wasser. Das nutze ich aus und schlage mich richtig voll. Aufgrund des ausgiebigen Frühstücks komme ich dann heute auch erst um 9:45 weiter.
Anfangs führt der Weg total idyllisch auf eine kleinen Nebenstraße durch mehrere winzige Dörfer. Die Dörfer sind wohl richtig typisch rumänische Straßendörfer. Meist so ca. 2-3 Häuserreihen, links und rechts der geteerten Hauptstraße entlang (die kleinen Seitenwege sind immer ungeteert). Die einzelnen Häuser stehen rel. weit auseinander, so dass sich die Dörfer meist recht in die Länge ziehen. Kleine Dörfer so 1 Km lang, größere Dörfer dann schon auch schon mal 3-5 Km lang. Auf der Straße ist, von Hühnern über Ziegen, Enten und einzelne Kühe und Pferde, so ziemlich alles an Getier unterwegs. Einige Leute kommen mir entgegen, viele sitzen vor ihren Häusern, sehr oft noch richtig alte Holzhäuser. Ich grüße jeden auf rumänisch (buna Ziua – guten Tag) und werde ausnahmslos freundlich zurück gegrüßt. In manchen Dörfern sehe ich noch alte Dorfbrunnen, bei denen mittels eine Kurbel, ein an einer Kette hängender Blecheimer, in die tiefe gelassen wird, um das Wasser heraufzuholen. Irgendwann geht dann die geteerte Straße hinter einem Dorf plötzlich für 5-10 Km in eine Schotterstraße über, bevor sie im nächsten Dorf wieder als geteerte Straße durch das Dorf führt. In diesen Dörfern gibt es absolut nichts, keinen Bäcker, keinen Mixt Market = typische urige rumänische Tante Emma Kramer Läden. Langsam wird mein Wasser knapp, so dass ich mal 5 Km Umweg in einen größeren Ort machen muss um meine Vorräte wieder aufzufüllen. Was ich allerdings bisher nur 2 mal gesehen habe, sind die viel zitierten Pferdekarren, die einem laut zahlreicher älterer Reiseberichte um 100 Jahre in der Zeit zurückversetzen. Ich habe eher den Eindruck, dass diese inzwischen doch immer mehr durch Traktoren abgelöst werden. Später sollte ich merken, dass es zwar nicht mehr sehr viele sind, aber doch noch an der Tagesordnung.
Nach 90 Km erreiche ich die Stadt Deva (deutsch-Diemrich). Diese ist allerdings absolut schmucklos. Es handelt sic
h um eine alte Industriestadt, die früher hauptsächlich von der Stahlindustrie lebte. Das Geschäft scheint nun auch nicht mehr so gut zu laufen, so dass viele Einwohner inzwischen wegziehen. Ich Kaufe hier nur nochmal Wasser und fahre weiter nach Hunedoara. Hier gibt’s das berühmte Castel, in dem Fürst Vlad (Dracula) mal gewohnt haben soll. In einem kleinen günstigen Hotel miete ich mich ein und werde das Schloss morgen besichtigen.

Unterwegs von Bata nach Hunedoara (Eisenmarkt)

Montag, 03.07.2017, Schloss Besichtigung und Ausflug zum Cincis Stausee

 Heute ist es regnerisch. Das Schloß macht erst um 10:30 Uhr zur Besichtigung auf, und so beschließe ich, noch eine Nacht hier zu bleiben, und dafür noch einen kleinen Ausflug zum 15 Km entfernten Cincis Stausee zu machen.

 

Das Schloss ist gleich am Ortsrand von Hundoara. Es sieht architektonisch schon sehr schön aus. Es wirkt für mich allerdings so am Rande dieses äußerst hässlichen Ortes ein bisschen Fehl am Platz. Würde es einsam auf einem Hügel oder im dichten Wald stehen, würde das Dracula-Feeling sicher mehr rüber kommen. Aber immerhin hat er in diesem Schloss mit sehr großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich mal verweilt. Man kann es innen besichtigen. Es sind ein paar Folter Werkzeuge, Truhen, Kachelöfen und Schmiede Werkzeuge ausgestellt. Die Größe der Anlage und die Mächtigkeit der Mauern sind schon interessant. Wäre es wohl nicht das Dracula Schloss, würde es sich aber wohl eher nicht lohnen, extra hierher zu fahren.

 

Die ganze Region ist ja, wie schon erwähnt, sehr vom Eisenerz Abbau und Eisen Verarbeitung geprägt. Man sieht in der näheren Umgebung auch überall Steinbrüche und alte Mienen. Ca. 15 Km südlich von Hunedoara liegt der fast schon malerisch anmutende Cincis Stausee inmitten einer hügeligen bewaldeten Landschaft. Der Stausee wurde in den 60 er Jahren angelegt. Es mussten dafür mehrere Dörfer umgesiedelt werden. Auf der Terrasse eines Hotels mit schönem Blick auf den See genieße ich einen Cappuccino. Da es wieder zu Regen beginnt, mache ich mich auf den Rückweg.

 

Mehr gibt es hier nicht zu sehen, und so verbringe ich den Nachmittag mit dem Schreiben meiner Berichte. Mustang möchte auch mal wieder ein bisschen gepflegt werden, und so befreie ich mein Rad vom gröbsten Staub und öle die Kette ein bisschen nach

Etappen 8 und 9 - Eisenmarkt - Karlsburg - Hermannstadt (Michelberg), ca. 180 Km

Dienstag,04.07.2017, Hunedoara (Eisenmarkt) - Alba Iulia (Karlsburg), 75 Km

 

Heute lacht die Sonne weder, und so trete ich bereits um 8:45 Uhr wieder in die Pedale. Es geht erst wieder Richtung norden zurück, aus der ich 2 Tage vorher kam. Um Simeria fahre ich herum, und gleich hört auch schon wieder die geteerte Straße auf. Das wundert mich ja inzwischen nicht mehr so sehr. Als dann aber meine Route nach links in einen kleinen Feldweg führt, werde ich doch etwas skeptisch.

Das hatte ich vor 2 Tagen auch schon, und da hörte der Weg dann plötzlich ganz auf. Ich verwende ja mit meinem GPS Gerät die Velo Map Karte von Open Street Maps. Da ist diese Route als der Muresch-Radweg eingezeichnet. Das bedeutet aber vermutlich nur, dass irgendein User den Weg mal so gefahren ist und dies an OSM gemeldet hat. In dem Fall haben sich halt vermutlich die Wege dadurch geändert, dass die Bauern die Felder anders angelegt haben. Das ist mir ja Zuhause auch schon öfter mal passiert.

 

Heute Stimmt der Weg zwar noch, wird dann zwar immer weniger sichtbar, geht aber eindeutig in die Richtung in die ich will. Ich sehe schon in einiger Entfernung das nächste Dorf. Als ich näher komme stellt sich heraus, dass ich von hinten direkt auf einem kleinen Hof mit eingezäunten kleinen Acker Flächen herauskomme. Da sehe ich den ersten Hund, der mich auch sofort erspäht hat und sogleich kläffend auf mich zu läuft. Bisher war das noch nie ein ernsthaftes Problem mit den Hunden. Die meisten Hunde, die es in jedem Dorf gibt, interessieren sich gar nicht mal für mich. Hier ist es aber jetzt so, dass ich mich ja direkt auf dem Hofgelände befinde. Gut, denke ich, einfach nicht beachten und weiter fahren. Dann wird aus dem Gekläffe ein mehrstimmiges Gekläffe und ich erblicke einen 2. größeren Hund der angerannt kommt. Wie gesagt, nur nicht stehen bleiben, aber wo geht es von diesem Gelände runter? Immer wieder fahre ich auf Zäune zu. Inzwischen sind es mindestens 3 Hunde, die um mich herum springen und lauthals bellen. Da ich nur damit beschäftigt bin nicht stehen zu bleiben und einen Ausgang zu finden, nehme ich gar nicht mehr richtig war, wie viele Hunde es inzwischen wirklich sind. Gefühlt sind es aber mindestens 5 oder 6 die mich nun regelrecht umzingeln (ein Hund kommt inzwischen schon ziemlich nah an meine Beine heran). So, nun ist es soweit, mir fällt nix anderes mehr ein, als durch lautes brüllen zu versuchen, 1. Die Hunde viell. zu verschrecken, oder 2. den Besitzer drauf aufmerksam zu machen, dass seine Hunde kurz davor sind einen Menschen zu zerfleischen.. Punkt 1 hat nicht geklappt, die Hunde ließen sich durch mein Gebrüll nicht beeindrucken. Aber im Augenwinkel sehe ich den Besitzer langsam antraben. Ich verlasse meine Kreisbahn die ich inzwischen mit dem Fahrrad eingeschlagen hatte, und steuere auf einen großen hageren Mann um die viell. 40-50 Jahre alt, zu. Tatsächlich gibt der Mann irgendwelche Kommandos an die Hunde und das Bellen flacht langsam ab. Ich frage nach dem Weg zur Hauptstraße des Dorfes, auf englisch, was er aber offensichtlich nicht versteht. Also deute ich mit Handzeichen quer über sein Grundstück auf das Dorf. Na gut, macht er die Geste, wenn‘s denn sein muss, dann kannst Du da durch, und begleitet mich über seinen Acker um mir 2 Tore auf zu machen. Puh, endlich außer Gefahr. Ein wenig mulmig war mir jetzt schon. Ich überlege, ob ich mich vielleicht doch, wie in einigen zuvor gelesenen Berichten, mit einem Stock bewaffnen soll.

Aber was würde das nutzen? Mehrere Hunde lassen sich mit einem Stock sicherlich auch nicht in die Flucht schlagen. Im Gegenteil denke ich, das würde sie vermutlich eher noch aggressiver machen. Also hoffe ich erst mal nicht so schnell wieder in eine solche Situation zu kommen. Ab hier wird's richtig super. Ich fahre stetig auf der linken Seite am Muresch entlang Flussaufwärts. Die Straße ist eine relativ gut asphaltierte kleine Nebenstraße. Ich komme wieder durch viele kleine Dörfer in denen ich freundlich zurück gegrüßt werde. Ich habe den Eindruck hier etwas öfter Pferdekarren zu sehen. Sie sind von weitem schon an so roten Kordeln, die an Ihrem Zaumzeug links und rechts neben dem Kopf herunterhängen. Vermutlich ist das sogar Vorschrift, damit sie gut von den Autofahrern gesehen werden?' Das Muresch Tal ist rel. breit, und die Landschaft ist hier von viel Maisanbau und anderem Gemüseanbau geprägt. Auf meiner Flussseite schlängelt sich die Straße an sanften Hügeln entlang, auf der anderen Flussseite sind in der Ferne schon die höheren Gebirgszüge der Süd-Karpaten zu erkennen. Kurz vor Alba Iulia geht die gut geteerte Straße dann doch noch mal für knapp 10 Km in eine Schotter Piste über, die mit Schlaglöchern nur so übersät ist. Da muss ich dann schon einigermaßen konzentriert und langsam fahren, um möglichst vielen Schlaglöchern auszuweichen. Mit meinem Gepäck und mir selbst, sind das doch so ca. 130 Kg die sich da in Bewegung befinden. Damit in die Schlaglöcher zu knallen, rumpelt doch ganz ordentlich.

 

In Alba Iulia angekommen, mache ich in einem Park Rast und suche mir per Handy, über Booking.com eine Unterkunft. Dort checke ich ein und mache mich auf zur Stadtbesichtigung. Alba Iulia, früher Deutsch Weissenburg, heute Karlsburg, ist ein kleines Städtchen mit ca. 60.000 Einwohnern. Die einzige Attraktion der Stadt ist die Zitadelle, die alte Stadtbefestigung, die in den letzten Jahren wohl mit sehr viel Geld (vermutlich EU Zuschüsse?) renoviert wurde. Es handelt sich um eine Sternförmig angelegte Befestigungsanlage, innerhalb derer sich u. A. die Orthodoxe Kathedrale, der Römisch Katholische Dom, die Universität, Bibliothek und der Saal der Nationalversammlung befinden. 1541-1690 war Alba Iulia die Hauptstadt Transsilvaniens. 1714 bis 1738 wurde die Festung unter den Habsburgern gebaut. Von Kaiser Karl VI wurde sie in Auftrag gegeben, weshalb die Stadt dann auch Karlsburg genannt wurde. Höhepunkt der Stadtgeschichte war die 1. Nationalversammlung 1918, in der die Rumänen aus Siebenbürgen, dem Banat, dem Kreischgebiet und der Maramures ihren Anschluss an das rumänische Altreich erklärten. Das war quasi die Geburtsstunde des heutigen Rumänien, der Nationalen Einheit.

 

Ansonsten gibt es in Alba Iulia nur noch ein paar Beispiele hässlicher sozialistischer Verwaltungs- und Wohngebäude im Plattenbau-Stiel zu sehen.

Unterwegs nach Alba Iulia (Karlsburg)

Mittwoch,05.07.2017, Alba Iulia (Karlsburg) - Sibiu (Hermannstadt), 105 Km

Ich beschließe heute nach Hermannstadt zu fahren. Das Wetter ist bewölkt aber es sieht nicht nach Regen aus. Also gerade richtig zum Radeln. Kurz hinter Alba Iulia muss ich gleich über eine abenteuerliche Hängebrücke in die ich nicht sehr viel vertrauen habe. Aber sie hält dann doch, obwohl zwischendrin doch ein paar recht dünne Bohlen sind, die auch schon ziemlich durch gebogen sind. Gleich danach geht es den ersten Anstieg von ca. 150 Meter und 11% Neigung hoch. Das sollte heute nicht der letzte Berg gewesen sein. Die Landschaft ist hier sehr hügelig, deren Höhe so zwischen 500 und 700 Meter sein dürfte. Richtige Wälder gibt es hier noch nicht. Hauptsächlich wird Mais angebaut. Hier gibt es viel Land- und Viehwirtschaft. Als ich an einer weidenden Schafherde vorbei radle, kommen 2 Hirtenhunde, recht bedrohlich kläffend angelaufen. Zum Glück ist der Schäfer auch gleich da und pfeift seine Hunde wieder zurück. Mit Hirtenhunden soll nicht zu spaßen sein. Es geht ca. 3-4 mal immer wieder von ca. 200 - 300 m auf kleine Pässe von ca. 500 – 600 m Höhe hinauf. Zum Glück ist es zumindest vormittags noch nicht so heiß. Nachmittags wird’s dann doch ziemlich schweißtreibend. Aber dafür ist die Landschaft super toll. Manchmal hat man einen total weitläufigen Blick über schier endlose Hügellandschaften mit Ackerbauflächen und einsamen Dörfern in den Tälern. Manchmal ähnelt die Landschaft fast ein bisschen unseren Bergalmen in den Voralpen, mit weidenden Kühen und Pferden. Aber seht euch einfach die Fotos an. Die Straßen sind heute durchgehend super geteert und so gut wie ohne Verkehr.


Nach ca. 90 Km erreiche ich Sibiu bzw. Hermannstadt. Hier sehe ich zum ersten mal das Ortsschild in rumänischer und deutscher Sprache. Ich hab jetzt endlich Lust auf Campen. Ungefähr 12 Km südlich von Hermannstadt gibt es einen Campingplatz, der von einem deutschen Pärchen betrieben wird. Der Platz ist in dem kleinen Örtchen Namens Michelsberg, ca. 15 Km südlich von Sibiu. Ein schöner sauberer Campingplatz auf ca. 600 m Höhe. Hier schlage ich mein Zelt für 2 Nächte auf. Hier steht auf einem Hügel (wohl der Michelsberg?) die Ruine einer Kirchenburg aus den 13. Jahrhundert. Solche Kirchenburgen gibt es in Siebenbürgen viele. Das rührt daher, dass im 15. Und 16. Jahrhundert die Osmanen über dieses Land herfielen und viele Kirchen zerstörten. Daher gingen die Kirchenverwaltungen damals her und bauten um Ihre Kirchen Wehrmauern mit Schießscharten, um sich vor den Eindringlingen besser zu schützen.


Morgen fahre ich nach Hermannstadt zur Besichtigung
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Zwischen Karlsburg und Hermannstadt

Donnerstag, 06.07.2017, Besichtigung Sibiu (Hermannstadt)

Mit dem Fahrrad fahre ich die 15 Km nach Hermannstadt hinein. Die Stadt wurde von deutschen Siedlern Mitte des 12. Jahrhunderts gegründet. Im 13. Jahrhundert taucht der Name Villa Hermani auf. Man geht davon aus, dass Hermann der Anführer einer Siedlergruppe war, die sich hier niederließ. Die Stadt liegt am Fluss Cibin und besteht aus der Ober- und Unterstadt. Der Kern der Altstadt ist die Oberstadt. Das Stadtbild ist von den 3 ineinander übergehenden großen Plätzen geprägt. Ich lasse mich einfach treiben und schlendere über die großzügig angelegten Plätze und betrachte die vielen schönen Häuser und Kirchen. Mir gefällt die Stadt sehr gut. 2007 war Hermannstadt die Kulturhauptstadt Europas. Außerhalb der Altstadt gäbe es noch ziemlich viel zu renovieren. Auffällig sind die vielen Deutschen Namen von z. B. Geschäften, Hotels und Restaurants. Viele sprechen hier auch zumindest ein bisschen deutsch, obwohl von den ca. 150.000 Einwohnern nur noch ca. 2000 Deutschstämmige hier leben. Der ehemalige Bürgermeister und jetziger Präsident von Rumänien, Klaus Johannis, ist übrigens Siebenbürgen-deutscher.

Sibiu - (Hermannstadt)

Michelsberg - 15 Km südlich von Sibiu

Etappen 10 bis 12 - Michelsberg - Fogarasch - Bran - Brasov (Kronstadt), ca. 205 Km

Freitag, 07.07.2017, Sibiu bzw. Michelsberg - Fagaras (Fogarasch) 107 Km

Nachdem ich mein Camping-frühstück mit frisch aufgebrühtem Filterkaffee genossen und mein Zelt abgebrochen habe, verabschiede ich mich noch mit einem Schwätzchen beim Platz Betreiber, über rumänische Hunde und die immer weiter verschwindende Kultur der Sachsendeutschen hier.
Der Weg führt mich heute eigentlich kontinuierlich nach Osten. Nachdem ich über einen kleinen Hügel drüber bin, komme ich in ein total schönes tiefgrünes Tal, durch das ein fast wildromantischer Gebirgsbach fließt, mit den immer näher kommenden Hauptkamm der Südkarpaten im Hintergrund. Auf den sattgrünen Weiden grasen Kühe und die kaum befahrene Straße schlängelt sich fast schon kurvenreich durch das Tal. Das war heute der landschaftlich schönste Teil der Etappe. Nach ca. 35 Km bin ich leider gezwungen, für 15 Km auf der stark befahrenen Straße Nr. 1 zu fahren. Diese Hauptstraßen sind schon immer äußerst nervenaufreibend. Zum Glück gibt es bei dieser Straße zumindest einen ca. 30-50 cm breiten geteerten Seitenstreifen, auf dem ich mich entlang balanciere. Am schlimmsten sind immer die LKW, die gefühlt mit 10 cm Abstand an mir vorbeirauschen und einen solchen Windsog erzeugen, dass ich manchmal echt Probleme habe, mich auf dem schmalen Seitenstreifen zu halten. Einige Km lang befindet sich rechts neben meinem Seitenstreifen auch noch ein Graben, so dass es tatsächlich zu einem regelrechten Balanceakt wird. Ich bin echt froh, als die 15 Km hinter mir liegen und nichts passiert ist.

Jetzt wird es wieder deutlich ruhiger und ich fahre weiter Richtung Südosten, immer mehr den höchsten Bergen der Südkarpaten entgegen. Diese sind immerhin bis zu 2500 m hoch und ich entdecke sogar weit oben Schneefelder. Bei Cartisoara (Oberkerz) würde es auf der Straße 7c weitergehen auf die Trans Fogarasch, die höchste Passstraße Rumäniens, die am Belea See vorbei über die Karpaten führt. Ich habe von einigen Reisenden die ich unterwegs traf gehört, dass das eine wunderbare Strecke sein soll. Das wären allerdings von Oberkerz weg noch 1000 Höhenmeter Aufstieg, und das ist für mich, als nicht geübter Bergfahrer, zu viel. Also fahre ich weiter in Richtung Osten und erreiche um ca. 17:30 Uhr, nach 108 Km Fagaras (deutsch Fogarasch).
Fogarasch hat ca. 30.000 Einwohner und ist eigentlich kein besonders sehenswertes Städtchen. Dennoch hat es eine ganz nette Stadtfestung und eine schöne orthodoxe Kirche. Ich bin hier eigentlich nur gelandet, weil es sich von der Entfernung her als Ziel für eine Tagesetappe von Hermannstadt aus anbot. Ehrlich gesagt auch ein bisschen, weil von hier ein ehemaliger Schulkamerad aus meiner Ausbildungszeit bei der Post kam. Zu diesem habe ich zwar inzwischen keine Kontakt mehr, aber er ist sicher mit daran Schuld, dass ich mich seit dem ein bisschen für Siebenbürgen interessiert habe und ich mir damals schon vornahm, mal hierher zu fahren. Wenn er das wüsste.

Eine der schönsten Etappen von Sibiu nach Fagaras

Samstag, 08.07.2017, Fagaras - Bran, 67 Km

Da Fogarasch etwa 15 Km nördlich meiner geplanten Hauptroute liegt, muss ich morgens erst mal die 15 Km wieder nach Süden auf meine Route. Diese führt weiterhin am nördlichen Rand der Südkarpaten entlang nach Osten. Leider ist es heute morgen noch etwas wolkig, so dass der Blick auf die Berge nicht ganz so toll ist wie gestern. Nach Osten hin werden die Karpaten etwas flacher und die nördlich vorgelagerte Ebene, die so zwischen 400 und 500 Meter hoch liegt, ähnelt inzwischen eher einer Steppenlandschaft. Irgendwann biege ich nach Süden ab und es geht langsam aber stetig bergauf. Ich fahre also direkt in die Berge hinein. Ich muss einen kleinen Pass von ca. 800 m überqueren. Hier wird’s wieder fast idyllisch schön, wie in einer Alm-Gegend in den Alpen. Die Bergdörfer durch die ich fahre machen einen gepflegteren Eindruck und es gibt viele Pensionen in den Dörfern. Auch Hinweisschilder für Wanderrouten und Veranstaltern von Touren weisen auf einen regen Tourismus hin. Nach dem Pass noch ein paar Kilometer hinunter, komme ich rel. früh in Bran an. Hier checke ich im Vampir Camping ein und schlage mein Zelt auf. Vampir Camping klingt nach abzocke, ist es aber nicht. Ist ein schöner sauberer Campingplatz mit schönem Bergblick zu einem günstigem Preis.

Am Abend besichtige ich noch das Schloss Bran, das für fast alle Vampir Filme als Kulisse herhalten musste und noch muss. Deshalb wird es wohl auch als das Dracula Schloss schlechthin assoziiert, obwohl es als so gut wie sicher gilt, dass Fürst Vlad Tepes nie hier verweilt hat. Es ist aber trotzdem ein schönes kleines Schlösschen. Allerdings ist heute leider Samstag und ich bin nicht alleine, um nicht zu sagen, bin ich einer von gefühlten hunderttausend, die in der letzten Stunde der Öffnungszeit das Schloss noch besichtigen wollen. Das ist bisher der erste Ort hier in Rumänien, an dem wirklich Massentourismus stattfindet. Schon der Zugang zum Schloss ist von hunderten Souvenirshops gesäumt. Das Schloss hat einen schönen kleinen Innenhof und viele kleine verwinkelte sehr enge Gänge und Treppen. Man wird regelrecht im Gänsemarsch durch eine vorgegebene Route durchgeschleust. Aus der Reihe tanzen geht nicht weil es zu eng ist. Die Räume sind teilweise mit ganz netten Möbeln eingerichtet, allerdings keine originalen alten aus der Zeit der Königin Maria von Rumänien, welche das Schloss um 1920 als Wohnsitz umbauen lies, sondern irgendwelchen Möbeln aus dem Bestand der Nachkommen dieser. eis.

 

Zum Schloß Bran

Sonntag,09.07.2017, Bran - Brasov (Kronstadt) 28 Km

Letzte Nacht hat es um Mitternacht ziemlich stark geregnet. Das hat so laut aufs Zeltdach geprasselt, dass ich nicht ans Einschlafen denken konnte. Nach ca. 1 ½ Stunden hat es aber zum Glück wieder aufgehört und das Zelt hat dicht gehalten.
Von Bran nach Brasov (Kronstadt) sind es heute nur knapp 30 Km. Zuvor komme ich noch an Rasnov (Rosenau) vorbei. Das sieht sehr toll aus, da die Altstadt hoch oben auf einem Hügel liegt. Man kommt nur zu Fuß oder mit einer Standseilbahn hinauf. Ich müsste dann mein Rad mit samt Gepäck für 1-2 Stunden unbeaufsichtigt an der Seilbahnstation stehen lassen. Das ist mir dann doch zu riskant und so fahre ich weiter. Schon am Mittag komme ich in Kronstadt an und kann auch gleich mein Zimmer in der Altstadt beziehen.
Kronstadt liegt in der südöstlichen Innenseite des Karpatenbogens, umgeben von grünen bewaldeten Hügeln, auf ca. 650 Meter. Kronstadt hat inzwischen über 300.000 Einwohner und ist rasant am Wachsen. Es haben sich einige Automobilhersteller und Zulieferer Firmen hier angesiedelt und Arbeitsplätze geschaffen. Die Hauptattraktionen der Stadt sind zweifellos der große Rathausplatz mit dem ungewöhnlichen alten Rathaus, das mitten auf einem dreieckigen Platz steht, und die berühmte schwarze Kirche. Die Schwarze Kirche ist die größte gotische Hallenkirche in Südosteuropa und einer der größten Kultbauten zischen dem Wiener Stephansdom und de Istanbuler Hagia Sophia. Als Besonderheit enthält die Kirche die 2. größte zusammenhängende Ausstellung von orientalischen Wandteppichen.
Fast die gesamte Altstadt ist Fußgängerzone, in der sich ein Restaurant, Kaffee und Laden an den anderen reiht. Fast jedes Haus sieht irgendwie besonders aus. Wenn ich bisher von Hermannstadt begeistert war und von Timisoara besonders geschwärmt habe, so setzt auf meiner bisherigen Reise Brasov, dem ganzen im wahrsten Sinne des Wortes, die Krone auf. Mit einer Seilbahn fahre ich auf den über 900 m hohen Berg Tampa, von dem man einen tollen Blick auf die Stadt und auf die umliegenden bewaldeten Hügel der Karpatenlandschaft hat. In den umliegenden Wäldern sind übrigens wirklich Braunbären beheimatet, die auch ab und zu mal bis an den Stadtrand von Kronstadt kommen. Ich habe bisher deren Bekanntschaft übrigens noch nicht gemacht.

Die schönste Stadt in Siebenbürgen - Brasov (Kronstadt)